GULLIVER ist die Reißleine, die meinen freien Fall beendet hat.“ In einem Satz fasst Werner, ehemals wohnungslos und davor selbstständiger Unternehmer, die Bedeutung der „Überlebensstation“ für Obdachlose zusammen. Werner hat es geschafft, sein Leben komplett zu ändern. Er hat mittlerweile eine Wohnung gefunden und eine feste Arbeitsstelle im GULLIVER. Eine der vielen Erfolgsgeschichten, die in der „Überlebensstation“ geschrieben wurden.

K.H.Iffland, B.Mombauer

Das Leben auf der Straße ist ein immerwährender Kampf. Nicht nur, sondern auch um das eigene Überleben. Da ist es gut, wenn man Verbündete hat. Die finden Frauen und Männer, die auf der Straße leben, im GULLIVER. 150 bis 200 Menschen, die meisten von ihnen wohnungslos, besuchen das GULLIVER in Köln täglich und nutzen die zahlreichen Angebote in den Räumen in einem Bahnbogen an der Trankgasse. „Wir haben am Anfang niemals mit dieser großen Zahl gerechnet“, sagt Pfarrer i.R. Karl-Heinz Iffland, Synodalbeauftragter für Obdachlosenseelsorge des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Nord. Iffland ist seit 1986 Vorsitzender des Kölner Arbeitslosenzentrums e.V. (KALZ). Vor 16 Jahren war er Mitgründer des GULLIVER, dessen Träger das KALZ ist.

In sicherer Umgebung ausruhen
Die große Zahl der Besucherinnen und Besucher ist Beleg dafür, wie wichtig die Angebote sind. Im GULLIVER stehen kostenlose Toiletten und Duschen zur Verfügung. Darüber hinaus können die wohnungslosen Menschen im „Dormitorium“ – im Tagesschlafraum – in sicherer Umgebung ausruhen. In der Kleiderkammer können sie sich etwas zum Anziehen aussuchen, sich die Haare schneiden lassen, das Mobiltelefon aufladen und ihr Gepäck aufbewahren. Das GULLIVER kann auch als Postadresse genutzt werden, zwei Computer stehen für Internetnutzung zur Verfügung. Die Kleiderkammer ist ein gutes Beispiel für die Wertschätzung, die die Gäste im GULLIVER erfahren: „Wenn wir Spenden entgegennehmen, ist das Beste gerade gut genug. Wir wollen ja nicht die Lebenssituation der Nutzerinnen und Nutzer der Kleiderkammer abbilden“, sagt Iffland.

Café Gulliver

Das Herzstück des GULLIVER ist das Café
„Hier kommen die rein, die in andere Einrichtungen nicht mehr reinkommen“, beschreibt Bernd Mombauer das niedrigschwellige Angebot des Cafés, in dem auch Frühstück und Abendessen angeboten werden. Mombauer ist Geschäftsführer des KALZ und in dieser Funktion zuständig für das GULLIVER. „Die Arbeit ist komplizierter geworden“, erklärt er. „Wir stellen eine Zunahme der psychischen Erkrankungen fest.“ 50 Prozent der Nutzer und Nutzerinnen des GULLIVER haben einen Migrationshintergrund. „Da gibt es Sprachbarrieren“, weiß Mombauer. Auch Gewalt ist in der Einrichtung immer mal wieder ein Thema. „Selten allerdings“, sagt Mombauer. „Unsere Gäste schätzen die freundliche Atmosphäre in unserem Café.“

Duschen

Strom- und Wasserleitungen müssen erneuert werden
Auch nach 16 Jahren sind die Angebote im GULLIVER aktuell wie eh und je. Aber die Einrichtung ist in die Jahre gekommen. „Vor allem der Sanitärbereich und der Fußboden müssen saniert werden“, sagt Iffland. Das kostet 50.000 bis 60.000 Euro. „Dann ist aber alles rundum erneuert. Und wir hoffen, dass sich dann auch die Dauerbaustelle ‚Urinal‘ erledigt hat. Auch die Strom- und Wasserleitungen müssen dringend erneuert werden“. Nach 16 Jahren intensiver Nutzung überrascht das nicht.

Ein Fünftel muss durch Spenden finanziert werden
Im Grundsatz ist die Einrichtung aber gesichert“, fährt der ehemalige Pfarrer fort. Allerdings lebe man „von der Hand in den Mund“. Alles, was „an Geld reinkommt“, deckt letztlich nur die laufenden Kosten. Die betragen rund 500.000 Euro pro Jahr. Das GULLIVER wird unterstützt vom Evangelischen Kirchenverband Köln und Region, von der Stadt Köln, vom Jobcenter und von der Gemeinschaftsstiftung Diakonie im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region. Doch etwa ein Fünftel des Jahresbudgets muss durch Spenden gedeckt werden. Das sind 100.000 Euro pro Jahr.

Team

Viel Engagement nötig
Ohne das Engagement von Firmen und Einzelpersonen wäre der Betrieb des GULLIVER nicht möglich. „Es gibt Leute, die begleiten uns mit ihren Spenden seit 15 Jahren“, freut sich Iffland. Aber der Haushalt sei in jedem Jahr auf Kante genäht. „Wir haben keine dauerhaft verlässliche Finanzierung unserer Verwaltung. Dabei müssen wir in diesem Bereich viel mehr Arbeit leisten als früher, weil die Verwendungsnach weise für Fördergelder erheblich aufwändiger sind. Auch die Antragstellung für Fördergelder kostet viel mehr Zeit. Daher brauchen wir weitere Unterstützung“.